Resilienz

Unter Resilienz versteht man die psychische Widerstandsfähigkeit der Seele. Sie wird auch als das Immunsystem der Seele bezeichnet. Resilienz befähigt eine Person, egal ob auf zwei Beinen oder vier Pfoten, dazu

– Krisen
– Katastrophen
– Rückschläge
– Verlust
– Konflikte
– Leid

ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen. Resilienz bezeichnet also die Fähigkeit, sich von Krisen zu erholen. Psychologen haben sich diesen Begriff aus der Materialkunde „geborgt“. Resilienz beschreibt Stoffe, die auch nach extremer Verformung in ihren Ursprungszustand zurückkehren (zum Beispiel Gummi).

Resilienz ist nicht genetisch fixiert oder angeboten. Vielmehr entwickelt sich Resilienz.
Sie kann im Laufe eines Lebens
ZUNEHMEN: durch sichere Bindung in der Kindheit und/oder Erfolgserfahrungen
ABNEHMEN: durch unsichere Bindung in der Kindheit, Vernachlässigung, Orientierungslosigkeit

Resilienzfaktoren:
1) Selbstwahrnehmung
2) Selbstwirksamkeit
3) Selbststeuerung
4) Soziale Kompetenzen
5) Fähigkeit zum Umgang mit Stress
6) Problemlösefähigkeiten

1) Selbstwahrnehmung
Selbstwahrnehmung bezeichnet die Fähigkeit seine eigenen Gefühle, Emotionen, Eigenscahften und die persönliche Ausstrahltung wahrzunehmen und richtig einzuschätzen.

– wie groß bin ich? Was kann ich? Wie sehe ich aus?

Haben Hunde Selbstwahrnehmung?
Wissenschaft: Im Jahr 2019 fand eine Studie heraus, dass Hunde eine gewisse Vorstellung von ihrer Körpergröße haben und wie sich dies auf ihre Verhalten in ihrer Umgebung auswirkt. Diese Studie fand erstmalig heraus, dass Hunde ihren Körper als Objekt oder Hindernis im Allgemeinen begreifen.

Meine persönliche Beobachtung/Einschätzung: Hunde haben Selbstwahrnehmung, in meinen Augen können sie sogar Fremdwahrnehmung in ihr Selbstbild integrieren. Sie halten sich nicht für hässlich, weil jemand sagt sie seien hässlich. Ab er sie nehmen wahr, ob jemand ihnen mit Wertschätzung oder Verachtung begegnet. Meiner Meinung nach integrieren Hunde Verachtung in ihre Selbstwahrnehmung, wenn ihnen die Verachtung (Gefühl mangelnder Würde) „unter die Haut geht“. (Also bei geringer Resilienz oder hohem Leidensdruck)

2) Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit bezeichnet die ÜBerzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu könnnen. Dabei ist es unerheblich, ob man dazu tatsächlich in der Lage ist, nur die Überzeugung ist wichtig. Es geht also um das Vertrauen in die eigene Tatkraft. Selbstwirksamkeit bezeichen also das Zutrauen in die eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen. Eine hohe Selbstwirksamkeit erleichtert es, gute Ergebnisse abzuliefern (unter Druck zu handeln). Sie ist wichtig bei der Übernahme extern vorgegebern Ziele in persönlich verfolgte (interne) Ziele.

Hohe Selbstwirksamkeit: Individuen mit hoher Selbstwirksamkeit reagieren auf zieldiskrepante Rückmeldungen mit gesteigertem Leistungsbemühen. (Zieldiskrepanz bezeichnet eine Rückmeldung, die nicht Zielerfüllung, sondern Zielunter- oder Übererfüllung meldet)

Geringe Selbstwirksamkeit: Individuen mit niedriger Selbstwirksamkeit verfallen bei zieldriskepanter Rückmeldung in Resignation und geben die Zielverfolgung auf.

3) Selbststeuerung
Selbststeuerung bezeichnet bewusstes Handeln als Gegenstück zu unbewusstem Verhalten. Sie bezeichnet die Fähigkeit eines Individuums, das eigene Verhalten zu beobachten, zu bewerten, gezielt zu verstärken und an eigenen Zielen flexibel auszurichten. Anders ausgedrückt ist es die Fähigkeit eines Individuums die eigenen Gefühle oder Stimmungen durch einen inneren Dialog zu beeinflussen, bzw. zu steuern. Selbststeuerung beinhaltet das Wissen um eigene Stärken und Schwächen.

Sind Hunde zur Selbststeuerung fähig?
Wissenschaft: Studien zur Selbststeuerung von Hunden sind mir nicht bekannt. Sollte es Studien geben freue ich mich, wenn ich auf diese aufmerksam gemacht werde.

Meine persönliche Beobachtung/Einschätzung: Hunde sind zur Selbststeuerung fähig. Ich beobachte, dass Hunde in unterschiedlichem Maße mit sich selbst ringen/diskutieren, ob sie einem Impuls folgen oder ob sie sich lieber hemmen. Es gibt Hundepersönlichkeiten, denen ich beim Denken zusehen kann. „Laufe ich dem Kaninchen hinterher? Stoppe ich mich und hole mir stattdessen ein Leckerchen ab?“ Ich kenne Hundepersönlichkeiten mit einer ausgeprägten Fähigkeit zur Selbststeuerung und ich kenne Hundepersönlichkeiten mit sehr geringer oder kaum vorhandener Selbststeuerung. Die Varianz ist nach meiner Beobachtung sehr groß. Sie ist im Laufe eines Lebens nicht konstant. Sie verändert sich. Nicht nur durch Training. Mindestens in ebenso hohem Maße durch die anderen Faktoren der Resilienz.

4) Soziale Kompetenzen
Soziale Kompetenzen beinhalten eine Vielzahl an Fähigkeiten, die dazu dienen, in Kommunikations- und Interaktionssituationen entsprechend den Bedürfnissen der Beteiligten Realitätskontrolle zu übernehmen und effektiv zu handeln. Als sozial kompetent gilt, wer es schafft, einen akzeptablen Kompromiss zwischen sozialer Anpassung und den eigenen Bedürfnissen zu verwirklichen. Soziale Kompetenzen beinhalten u.a. Eigenscahften wie Selbstsicherheit, Selbstvertrauen, Selbstbehauptung, Durchsetzungsvermögen, Fremdwahrnehmung, Feinfühligkeit und Kontaktfähigkeit.

Wissenschaft: Es ist unstrittig, dass Hunde über soziale Kompetenzen verfügen. Belegt ist, dass soziale Kompetenzen nicht angeboten sind, sondern im Laufe des Lebens erworben werden.

Meine persönliche Beobachtung/Einschätzung:Soziale Kompetenzen können im Laufe des Lebens zu- und/oder abnehmen. Je nach Lebenssituation eines Hundes. Einmal vorhandene soziale Kompetenzen können wieder verloren werden. Soziale Kompetenzen, die im Laufe der Sozialisierungsphase nicht erworben wurden, können – wenn auch mühsam – später erlernt werden, sofern die Bedingungen dafür optimal sind.

5) Fähigkeiten zum Umgang mit Stress
Stress entsteht, wenn für ein Problem keine Lösung vorliegt. Akuter Stress fordert anders als chronischer Stress. In Anlehnung an die Polyvagal-Theorie nach Forges kann eine Ampel aufgestellt werden, die anzeigt:
Grün = Ich bin gelassen gegenüber einer Herausforderung
-> Lernfähigkeit (kognitive Ressourcen sind verfügbar, soziales Lernen möglich)
Orange = Fight or Flight-Modus
-> Stresssysteme sind aktiviert, Lernen & Denken unmöglich
Rot = Überforderung -> Selbstaufgabe (Dissoziieren)
-> Zusammenbruch der neuronalen Organisation

Je nachdem wie lange ein Individuum im grünen Modus bleiben kann ist seine Stress-Resistenz. Kann ein Individuum sich bei herausforderungen im orangefarbenen Modus retten durch eine Fight or Flight-Maßnahme oder schaltet es bei Stress sofort in den roten Modus und ist handlungsunfähig (eingefroren / dissoziieren).

6) Problemlösefähigkeit
Unter Problemlösefähigkeit versteht man die Fähigkeit (komplexe) Problemstellungen verstehen und lösen zu können. Problemlösefähigkeit versetzt ein Individuum in die Lage, dauerhaft bereichs- und aufgabenspezifisch etwas Bestimmtes oder gar Übedurchschnittliches zu leisten. Eigenschaften der Problemlösefähigkeit sind:

– Durchhaltevermögen
– emotionale Stabilität
– Fehlerbereitschaft
– analytisches Denken
– Urteilsvermögen
– Kreativität
– ggf. Logik
– emotionale Intelligenz
– Entscheidungsfreude

Wissenschaft: Diverse Probemlösefähigkeiten für Hunde sind in Studien belegt worden.

Meine persönliche Beobachtung/Einschätzung: Gerade in der Sucharbeit mit Hunden können erstaunliche Problemlösefähigkeiten beobachtet werden. Hinter alle o.g. Punkte kann ich einen Haken setzen, wenn ich an die Arbeit mit ausgebildeten Suchhunden denke. Selbst in geringem Maße logisches Denken habe ich bei mehr als einem Suchhund beobachten können. Mit Sicherheit können erfahrene Suchhundeführer dies bestätigen.

Zusammenfassung Resilienz:
1) Selbstwahrnehmung
2) Selbstwirksamkeit
3) Selbststeuerung
4) Soziale Kompetenzen
5) Fähigkeit zum Umgang mit Stress
6) Problemlösefähigkeiten

Alle sechs Eigenschaften sind ein Leben lang im Wandel. Manche können zu- andere Abnehmen. Manche können vom Halter beeinflusst werden, andere nicht.