Hunde werden gerne als „das andere Ende der Leine“ bezeichnet. Der Hund ist das Subjekt und der Mensch ist das Objekt. Der Hund ist nicht eigenständiges Wesen, sondern es ist seinem Menschen untergeordnet und hat Rechte nur in Beziehung zu seinem Menschen (sofern dieser ihm Rechte bereit ist zuzugestehen). So oder ähnlich lauten Dogmen, die noch immer in Hundeschulen weiter vermittelt werden.
pfotenpartner ist keine Schule für Hunde. pfotenpartner nimmt die Beziehung zwischen Mensch und Hund in den Fokus. Gleichwertigkeit der Beziehungspartner ist der erste Schritt, um den Menschen den Erfolgsdruck zu nehmen, der in Hundeschulen allzu oft auf den Schultern der Halter lastet.
Hunde sind mehr als das „andere Ende der Leine“. Hunde sind Persönlichkeiten, die mit einem eigenen inneren Antrieb versehen sind. Sie haben ihre eigene Definition eines erfüllenden, gelingenden Lebens, die sich nicht immer mit dem deckt, was ein Mensch seinem Hund bieten kann oder will. Aus dem Spannungsfeld der unterschiedlichen Bedürfnisse zwischen Mensch und Hund entstehen im Zusammenleben zwischen Mensch und Hund häufig Konflikte.
Nun ist es so, dass nur eine der beiden Parteien sich verständlich äußern und Kritik an der Form des Zusammenlebens äußern kann. Könnte ein Hund sich sprachlich für uns Menschen verständlich äußern würde er vermutlich, ganz wie es Kinder tun, größtenteils Dinge sagen, die sein Mensch (Halter) nicht gerne hören wird. Der Mensch macht es sich einfach indem er das Verhalten des Hundes in ein digitales Schema presst: Gehorsam und Ungehorsam. Verhalten, das der Mensch als wünschenswert ansieht, wird entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder als folgsames/gehorsames Verhalten bewertet. Verhalten, das der Mensch hingegen abgestellt wünscht, wird von seinem Menschen als ungehorsam bewertet (der oft gesagte Satz: „Er weiß, dass er das eigentlich nicht tun darf.“)
Diese Art die Persönlichkeit eines Hundes zu interpretieren ist, als nähme man eine Klopapierrolle, schaue mit einem Auge dadurch und betrachte damit den Hund, das zweite Auge hat man fest zugekniffen, um den gesehenen Ausschnitt nicht durch die Wahrnehmung mit dem zweiten Auge zu „stören“. Man sieht bei so einer Betrachtung je nach Perspektive gar nichts außer einem großen Fellknäuel (das direkt vor der Klopapierrolle steht) oder man sieht einen eindimensionalen Hund in einem winzigen Ausschnitt der Realität.
Es ist nicht falsch einen Hund so zu betrachten. Man kann das so machen. Doch man verpasst bei dieser Betrachtung sehr viel, außerdem ist es anstrengend ständig durch die Klopapierrolle zu linsen und das andere Auge fest verschlossen zu halten.
Wie viel schöner ist es, wenn man die Klopapaierrolle weglegt und stattdessen mit beiden Augen ein dreidimensionales Bild vom Hund in seiner tatsächlichen Umgebung bekommt? Dieser unverstellte Blick auf den Hund mit beiden Augen, Herz und Verstand ist es, der bei pfotenpartner im Vordergrund steht. Dem Hund wird zugestanden, dass er ein Hund ist. Er darf und muss sogar Hund sein – als solchem gestehen wir ihm zu, das Bedürfnis zu haben zu buddeln, zu jagen, zu hetzen, zu bellen, zu schnüffeln und an Hausecken oder Büsche zu pinkeln. Für keines dieser Bedürfnisse muss ein Mensch, der mit einem Hund zusammen lebt, Begeisterung aufbringen können. Ohne Verständnis wird es jedoch nicht gehen.
Nur wenn wir die Bedürfnisse des Hundes mit dem wir unser Haus, Hof und Leben für viele Jahre bereit sind zu teilen verstehen und annehmen können, können wir mit ihm in Frieden zusammen leben. Nur die innere Haltung von Würde und Respekt mir und meinem Gegenüber ermächtigt den Menschen dazu die Bedürfnisse des Hundes anzunehmen und mit ihm zu verhandeln. Niemand muss tolerieren, dass der Hund ihm seinen Garten durchpflügt und Blumenbeete vernichtet. Gleichzeitig hat niemand das Recht, seinem Hund Vorschriften zu machen.
Jede Regel, egal ob zwischen Mann oder Frau, Eltern und Kind, muss verhandelt werden. Natürlich können Eltern darauf bestehen, dass ihre Kinder um 19 Uhr ins Bett gehen, ab 19h01 still sind und ihre Eltern ab dem Moment in Ruhe lassen. Es mag Kinder geben, die eine solche Regel akzeptieren und sich entsprechend verhalten. Die meisten Kinder jedoch werden mit einer derart starren Regel Probleme haben, wenn sie um 19h noch nicht müde sind. Sie werden streiten und wütend sein oder im Zweifelsfall weinen, wenn ihre Eltern auf Einhaltung der einseitig von ihnen verordneten Regel bestehen. Einfach ausgedrückt: Es wird einen handfesten Interessenskonflikt geben zwischen dem Bedürfnis der Eltern Ruhe zu haben und dem Bedürfnis der Kinder ihre noch vorhandene Energie im Kreis der Familie ausleben zu können. Genauso kann es mit einem Hund sein. Man kann von einem Hund verlangen, dass er im Garten nicht buddelt. Ohne Zweifel ist es auch mögilch Hunde zu so einem Verhalten anzuleiten ohne sie dabei körperlich verletzen zu müssen.
Fraglich ist aber, ob der Hund auch bereit ist, sich an diese Regel zu halten. Die Erfahrung sagt, dass bei den meisten Hunden die Lust an dieser angeborenen Verhaltensweise so groß ist, dass sie früher oder später Teile des Gartens zerwühlen. Wie also kann man eine Lösung finden, die Hund und Halter gerecht wird? Die Antwort fällt ganz genauso aus, wie sie im Falle der Eltern/Kind-Situation lauten würde: Das hängt davon ab wie die individuelle Situation ist zwischen Hund und Mensch, bzw. in der Familie. Es ist so viel zu hinterfragen, um zu verstehen woher der Konflikt rührt.
Bezogen auf das Beispiel der Kinder wäre zu hinterfragen: Gehen die Kinder gerne ins Bett oder ist das Schlafengehen ohnehin ein schwieriges Thema? Schlafen die Kinder von sich aus typischerweise vor 19 Uhr ein oder ist diese zeitliche Regelung für diese Kinder eine unnatürliche Regelung? Wann stehen die Kinder auf und wie ausgefüllt ist ihr Tag mit körperlichen Aktivitäten? Was essen die Kinder und wie gesund ist ihre Seele? Traumatisierte Kinder könnten Probleme mit dem Einschlafen haben aufgrund der Verletzung ihrer Seele. Zu viel Zucker oder Fett in der Nahrung, bzw. Fast Food und Fernsehkonsum in Kombination mit zu wenig Bewegung könnten dazu führen, dass die Kinder noch um 21 Uhr energiegeladen auf dem Sofa herumspringen.
Keine Situation ist so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Natürlich kann es hilfreich sein klare Regeln zu etablieren gegenüber Kindern und Hunden – aber wie diese umgesetzt und gelebt werden können, das ist ein ganz anderes Thema. Sind diese Regeln Leitfaden, um der Familie Orientierung zu geben oder das Korsett in dem die Unterschiedlichkeit der Personen Halt finden soll, um nicht auseinander zu brechen? Und was bedeutet all das für diejenigen, um die es eigentlich geht in diesem Beitrag: Die Hunde.
Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger als dass ein Hund ein Hund ist. Es ist vergeudete Energie zu versuchen einen Hund mit einem Denkschema, das uns Menschen erhöht und den Hund erniedrigt in unser Lebenskonzept zu zwängen. Ob sich ein Hund erfolgreich in sein Lebensumfeld integrieren kann hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Grob zusammen fassen kann man das in:
* persönliche Eigenschaften, die der Hund mitbringt,
* (persönliche) Eigenschaften seines Menschen/Familiensystems
* Beschaffenheit des Lebensumfeldes des Menschen (Wohnung/Haus, Stadt/Land, Freilauf möglich/unmöglich, konstruktives/destruktives Umfeld, …)
In diesem Spannungsfeld versucht ein Hund sich einzurichten. Er wird es stets so versuchen, dass er möglichst konfliktarm, also angepasst und harmoniesuchend, in diesem Spannungsfeld seinen Platz findet. Gleichzeitig kann er sein biologisches „Programm“ nicht umschreiben. Egal wie viel Mühe ein Mensch darauf verwenden mag: Er wird aus einem Hund niemals ein Schaf machen können. Es gehört zur Natur des Hundes zu hetzen, zu laufen, zu buddeln oder sich auszudrücken durch Bellen bei starker Erregungslage. Die Frage ist nicht: Wie kann man das ändern, sondern wie kann man mit dem Hund so leben, dass er hinreichend Raum für seine Bedürfnisse findet und das Zusammenleben mit uns (merkwürdig verrückten) Zweibeinern als bereichernd und nicht als belastend empfindet.